ERKLÄRUNG VON MADRID

Bei unserem Treffen in Madrid am 2. November 2019 – am Vorabend des 75. Jahrestages der Befreiung der Lager – begrüssen wir, Vorsitzende und Generalsekretäre der Internationalen Komitees der Vernichtungs- und Konzentrationslager der Nazis, die Arbeit der spanischen Behörden und der Amical de Mauthausen y Otros Campos für die Anerkennung der Deportation der spanischen Republikaner in die NS-Lager.


Nachdem wir die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. September 2019 zur Bedeutung des europäischen Gedächtnisses für die Zukunft Europas (2919/2819 RSP) zur Kenntnis genommen haben, bringen wir unsere tiefe Besorgnis über die in diesem Dokumente übertragene fehlerhafte Sicht auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts zum Ausdruck. Wir sehen in dieser Resolution den Versuch, die Opfer des Nazi-Terrors und die Opfer des Stalinismus unter dem nichtssagenden Begriff des „Totalitarismus“ unreflektiert gleichzusetzen Wir werden immer die menschlichen Tragödien der Opfer des Stalinismus mit aller Ehrerbietung anerkennen – die versuchte Gleichsetzung oder das gegeneinander Ausspielen dieser beider Opfergruppen ist für uns jedoch unerträglich.


Wir können keinesfalls akzeptieren, dass die Grundpfeiler des Nazi-Terrors, nämlich
systemimmanenter Rassismus und Antisemitismus, die industrielle Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen – Männer, Frauen und Kinder – nicht genannt werden.
Wir hoffen, unseren Beitrag dazu leisten zu können, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der Lager und des Endes des Zweiten Weltkriegs eine neue Entschließung ausarbeiten, die die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus respektiert und die ehrgeizigen Botschaften, die sie uns hinterlassen haben, eine Entschließung, die ein klares Bekenntnis des Europäischen Parlaments gegen Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Ausgrenzung sowie eine eindeutige Haltung zu den Menschenrechten und Solidarität zum Ausdruck bringt und eine Haltung der Offenheit gegenüber dem Anderen.

Wir bekräftigen unsere Forderung nach vollständiger Einhaltung der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 1993 zum europäischen und internationalen
Schutz der NS-Konzentrationslager als historische Denkmäler.


Wir begrüßen die Initiative des Internationalen Komitees von Mauthausen, im Rahmen des spezifischen Programms des Europarates, eine neue Kulturroute zu schaffen, die die Geschichte in der Geographie und im europäischen Raum sichtbar machen soll. Sie wird das europäische Netzwerk des nationalsozialistischen Terrors dokumentieren, sei es in Konzentrations- und Vernichtungslagern oder in Ghettos und bei den Todesmärschen.


Wir begrüßen das Engagement vieler junger Europäer zum Gedenken an die Opfer der NSLager. Wir ermutigen sie, ihren friedlichen Kampf für die Wahrung der Werte Freiheit , Achtung der Menschenrechte und internationale Solidarität fortzusetzen, die uns die Deportierten und Internierten hinterlassen haben, die den Aufbau Europas genährt haben.

Unterzeichner:
Internationale Komitees von Auschwitz//Buchenwald-Dora//Dachau//Mauthausen//
Natzweiler-Struthof//Neuengamme//Ravensbrück//Sachsenhausen//Vereinigung Flossenbürg//ANED//International Freedom Fighters Federation// Internationaler
Holocaust Remembrance Alliance

Die VVN war immer da

VVN-BdA: Sie sind die VVN-BdA
Foto: Florian Boillot

Ich war nie auf die Idee gekommen, in die VVN-BdA einzutreten. Ich bin in Berlin-Marzahn-Hellersdorf aufgewachsen. Die VVN-BdA war schon immer die Organisation, die Gedenktage und Informationsveranstaltungen zu historischen Themen organisiert hat. Sie war Unterstützungsstruktur, die nicht unbedingt attraktiv war für junge Leute. Sie hat aber auch sehr spät erst die Mitgliedschaft für Menschen geöffnet, die keine eigene Verfolgungsgeschichte haben oder Verwandte sind. Für mich waren das immer Genossen, mit denen man zusammengearbeitet hat. Dass ich seit zweieinhalb Jahren im Bundesausschuss sitze, liegt daran, dass ich Mitglied im Deutschen Mauthausen-Komitee bin [des ehem. KZ Mauthausen in Österreich, Anm. d. Red], das eine Untergruppierung der VVN-BdA ist.

Für mich war die VVN-BdA immer da. Ich hoffe, dass sie jetzt auch nicht verschwindet, weil ohne sie zumindest aktives Erinnern untergehen würde und die Stimme der Überlebenden verschwinden.

Anika Taschke, 28, ist Referentin der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Mitarbeiterin der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch.

Antifaschismus muss gemeinnützig bleiben!

Schwerer Angriff auf die VVN-BdA (PM der VVN)

Am 4. November hat das Finanzamt für Körperschaften I des Landes Berlin der Bundesvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e.V. die Gemeinnützigkeit entzogen. Damit verbunden sind vorerst Steuernachforderungen in fünfstelliger Höhe, die noch in diesem Jahr fällig werden. Weitere erhebliche Nachforderungen sind zu erwarten und auch zukünftig drohen wesentlich höhere steuerliche Belastungen. Damit ist die VVN-BdA in ihrer Existenz bedroht.

Das Finanzamt Berlin handelt damit anders, als das Finanzamt Oberhausen-Süd, das der Landesvereinigung NRW die Gemeinnützigkeit am 22. Oktober gewährt hat. In beiden Fällen war derselbe Vorwurf erhoben worden. Er besteht darin, dass die Landesvereinigung Bayern der VVN-BdA im bayrischen Verfassungsschutzbericht wiederholt als linksextremistisch beeinflusst dargestellt wird. Während das Finanzamt Oberhausen-Süd der Widerrede der VVN-BdA im Anhörungsverfahren entsprach, beharrt das Berliner darauf, dass „der volle Beweis des Gegenteils, als Widerlegung der Vermutung als extremistische Organisation“ nicht erbracht worden sei.

Das bedeutet, dass die Bewertung durch eine nachgeordnete bayrische Landesbehörde, die laut bayrischem Gerichtshof keine Tatsachenbehauptung darstellt, demnach über das Schicksal einer bundesweit arbeitenden zivilgesellschaftlichen Organisation entscheiden dürfen soll.

Von Überlebenden der Konzentrationslager und Gefängnisse 1947 gegründet, ist die VVN-BdA seitdem die größte, älteste, überparteiliche und überkonfessionelle Organisation von Antifaschistinnen und Antifaschisten Deutschlands. Sie vertritt die Interessen von Verfolgten und Widerstandskämpfern, sowie deren Nachkommen, tritt für Frieden und Völkerverständigung ein und hat gegen große gesellschaftliche Widerstände wesentlich dafür gesorgt, dass die Verbrechen des Nazi-Regimes nicht in Vergessenheit geraten sind, u.a. durch den Einsatz für die Errichtung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten und vielfache Zeitzeugenarbeit. Sie informiert über aktuelle neofaschistische Umtriebe und organisiert den Widerstand in breiten Bündnissen.

Wir sind entsetzt und empört darüber, dass sich das Berliner Finanzamt die haltlosen Unterstellungen der bayrischen Behörde ungeprüft zu eigen macht. Damit behindert es genau das zivilgesellschaftliche Engagement, das von Regierung und Parteien angesichts schrecklicher rechtsterroristischer Verbrechen allenthalben eingefordert wird.

Wir fordern die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für unsere Organisation!

Wir fordern praktische Unterstützung für alle zivilgesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, die die Grundwerte des Grundgesetzes gegen rassistische, antisemitische, nationalistische und neofaschistische Angriffe verteidigen!

Cornelia Kerth und Dr. Axel Holz Bundesvorsitzende

Brief an den Landeshauptmann

Verantwortung übernehmen und der extremen Rechten entgegenstellen!

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,

Seit Jahren nimmt die Zahl der rechten Straft- und Gewalttaten in Oberösterreich zu. Gedenkstätten erleben Jahr für Jahr rechte, rassistische und antisemitische Schmierereien, ohne  dass die Täter*innen gefunden und die Straftaten aufgeklärt werden.

Eine konsequente Verfolgung dieser und eine Problematisierung, insbesondere durch Ihr Amt, sind in der heutigen Zeit wichtiger denn je.  Europa erfährt einen Rechtsruck und mit ihm kippt die gesellschaftliche Stimmung. Übernehmen Sie Verantwortung, zeigen Sie Courage und klare Kante gegen rechte, antisemitische und rassistische Hetze in diesem Land!

Dazu gehört auch die Solidarität mit Opfern rechter Gewalt, lückenlose Aufklärung rechter Straftaten, auch derjenigen im Umfeld von Gedenkstätten, wie der Gedenkstätte Mauthausen und seinen Nebenlagern, aber auch eine Distanzierung und Ablehnung des Burschenbundballs oder Veranstaltungen wie „Verteidiger Europas“.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, Sie haben betont, dass rechte und antisemitische Strömungen wirksam bekämpft werden müssen – lassen Sie Ihren Worten Taten folgen und stehen Sie für ein demokratisches, tolerantes Oberösterreich ein!
Mit freundlichen Grüßen

Mauthausen Komitee Deutschland

MKD – Das Dachverbandstreffen

`Auf halben Wege´ trafen wir uns am ersten Novemberwochenende mit unseren Stuttgarter FreundInnen in Waltershausen/Thüringen zum jährlichen Dachverbandstreffen. Neben organisatorischen Fragen zu den Befreiungsfeierlichkeiten 2019, dem Bericht über das letzte Arbeitstreffen des  Comité International de Mauthausen (CIM) in Amsterdam, der allgemeinen Situation in Mauthausen und Loibl, diskutierten wir auch das Schwerpunktthema für die kommenden Befreiungsfeierlichkeiten: Niemals Nummer, immer Mensch. Dabei streiften wir Fragen bezüglich der instrumentellen Vernunft, der verwalteten Welt, die Fragen nach Verantwortung und Solidarität, aber auch der Ohnmacht in einem sich totalitär zuziehenden Europa voller Nationalismus. Wir waren uns durchaus einig, dass die oft zitierten Anfänge, denen es doch zu wehren gelte , bereits weit und lange überschritten sind. Das ist durchaus eine Niederlage. Dennoch Ohnmacht entbindet uns nicht von Verantwortung. Neben der Form des Mahnens , des Erinnerns, des Bewußthaltens  wird die eigene Reflexion über die Verhältnisse sowie das aktive Verweigern und Widerstehen in der kommenden Zeit durchaus von größter Bedeutung sein. Das machte uns auch der Besuch am `Erinnerungsort Topf und Söhne´ im Rahmen unseres Treffens sehr deutlich. Die engagierte Führung von Rüdiger Bender ( Vorsitzender des Förderkeises dieses Erinnerungsortes) erhellte uns viele Momente, die uns in unserer Diskussion begegneten. Die Brieffloskel „Stets gern für Sie beschäftigt,…“ ist groß aufgetragen worden am ehemaligen Verwaltungsgebäude  dieser “ ganz normalen Firma“. Der Gang durch die Ausstellung klärt schließlich auf. 

Das Reflektieren über die täglichen  „Normalitäten“ bleibt sicher unerlässlich und mit einem kleinen Nein, entwischt man vielleicht hier und da der Ohnmacht und rettet im besten Fall etwas Glück für sich und die Anderen. Zu den Befreiungsfeierlichkeiten 2019 in Mauthausen werden wir zahlreich und in verschiedenen Generationen zusammenkommen, bewusst und solidarisch. Bis dahin und danach gibt es täglich einiges zu tun und sehr viel zu verweigern.                                                                                    weisi

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„Techniker der ‚Endlösung‘. Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“
https://www.topfundsoehne.de/ts/de/ausstellungen/dauerausstellungen/techniker_der_endloesung/index.html

Besuch der Gedenkstätte

Anfang Oktober, mein dritter Besuch in diesem Jahr, begrüßte uns Andreas Baumgartner an den Toren der Gedenkstätte Mauthausen um unsere kleine Gruppe Pädagog*innen, Multiplikator*innen und Interessierte durch die Gedenkstätte zu führen. 

Es war eine interessante, bewegende Führung – ich wäre auch noch vier weitere Stunden mit seinen Geschichten und seinem Blick durch die Gedenkstätte gelaufen. Doch das Programm der Studienreise ginge weiter…Aktuell steht weiterhin ein großer Bauzaun vor der Todesstiege. Ein Betreten, ein Erinnern oder gar die Vermittlung des Ortes sind nicht möglich. Nach der Führung trafen wir Anni. Es war eine große Freude und Überraschung für alle. Es ist doch auch sehr schön bekannte Gesichter wiederzusehen. 

Pressemeldung MKÖ vom 28.09.2018:

Massnahmen am Ort des ehemaligen KZ-Außenlager Loibl Nord: Mauthausen Komitee protestiert

Das Mauthausen Komitee Österreich arbeitet, gemeinsam mit seinen lokalen Initiativen, bereits seit Jahrzehnten an der wissenschaftlichen Aufarbeitung, an der Vermittlung der Geschichte der ehemaligen Außenlager des KZ Mauthausen und veranstaltet jährlich mehr als 90 Gedenk- und Befreiungsfeiern österreichweit. Die jährliche Befreiungsfeier am Ort des ehemaligen KZ-Außenlagers Loilb Nord ist eine davon. Nun kam es zu Veränderungsmaßnahmen vor Ort im Rahmen eines Projekts der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“.

Solche Maßnahmen ohne die lokale Initiative des Mauthausen Komitee Österreich, die sich seit vielen Jahren die Gedenk- und Erinngerungsarbeit am Loibl durchführt, zu setzen, zeigt von mangelnde Sensibilität und Professionalität“, so der MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.

Bei einer Veranstaltung zum „Tag des Denkmals“ wird das Projekt der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“, das sich den Namen „Erweiterung der KZ-Gedenkstätte“ gegeben hat, erstmals am Standort des ehemaligen Kärntner Mauthausen-Nebenlagers „Loibl-KZ-Nord“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška wird an der Veranstaltung aus Protest nicht teilnehmen.

Wir protestieren sowohl gegen die Vorgangsweise der Planung dieses Projekts (Intransparenz der Vorabsprachen und der Entscheidungsverläufe) als auch gegen das Endergebnis, mit dem sich nun Kärnten konfrontiert sieht: mit der Verhüllung der baulichen Überreste der ehemaligen KZ-Waschbaracke durch einen  „Sarkophag“ aus Beton und mit den zugedeckten Grundrissen der ehemaligen Küchenbaracke und des Appellplatzes, die bereits zuvor durch die Rekonstruktion sichtbar waren. Wir sehen in den vollzogenen Veränderungen eine Verdeckungsmaßnahme, die weder mit der Notwendigkeit des „Denkmalschutzes“ begründbar ist, noch unseren Vorstellungen von einer „Erweiterung“ der im Entstehen begriffenen Gedenk- und Lernstätte entspricht“, so Manfred Morokutti, Obmann Mauthausen Komitee Kärnten/ Koroška.

Da die getroffenen Veränderungsmaßnahmen die Vermittlungsarbeit der „Mauthausen-Außenlager-Guides“ vor Ort sehr erschweren und die Gedenk- und Erinnerungsarbeit ad absurdum führen, fordert das Mauthausen Komitee Kärnten/ Koroška die Verantwortlichen dazu auf, den vorherigen Zustand des Geländes wieder herzustellen, den Sarkophag zu entfernen und die bereits vorhandenen Konzepte der Sichtbarmachung und Unterschutzstellung entsprechend den Erfordernissen des sensiblen und belasteten Ortes so rasch als möglich umzusetzen.

Rückfragen:

Mauthausen Komitee Österreich: Willi Mernyi, MKÖ-Vorsitzender

Tel. 0664/1036465, 01/2128333 E-Mail: info@mkoe.at, Web: http://www.mkoe.at/presse; www.mauthausen-guides.at

Mauthausen Komitee Kärnten/ Koroška : Manfred Morokutti, Obmann
mk-kaernten@mkoe.at; Mobil 0650 4108208

Mauthausenfahrt 2019

Derzeit planen wir die Fahrt zu den Befreiungsfeierlichkeiten nach Mauthausen vom 2. bis 7. Mai 2019. Mit dabei werden neben einigen Mitgliedern des Komitees auch Schulklassen aus Berlin und Brandenburg sein – aber auch befreundete Initiativen, denen die antifaschistische Jugend- und Bildungsarbeit wichtig ist. Selbstverständlich können auch Privatpersonen und Interessierte an der Reise teilnehmen.
Wendet euch also einfach gerne an uns: kontakt[@]dmko.de

Derzeit planen wir: 

  • Besuch der Gedenkstätte Hartheim
  • Besuch der Gedenkstätte Mauthausen
  • Zeitzeuginnengespräch mit Anna Hackl
  • Teilnahme an den Befreiungsfeierlichkeiten in Mauthausen und Ried
  • Teilnahme an der Sitzung des Internationalen Mauthausen Komitees
  • Audioweg in Gusen
  • Besuch des Stollen der Erinnerung in Steyr
  • Teilnahme an der internationalen Jugendbegegnung in Gusen

Roman Rubinstein

Roman Rubinstein ist das einzige Kind von Jacob und Rosalia Rubinstein. Sein Vater, Doktor der Chemie, arbeitet zuletzt in der Filmindustrie, seine Mutter, gebürtige Russin, ist Hausfrau und immer wieder in der Modebranche tätig.

Der Anfang eines politischen Lebens

Seine Eltern sind parteilos, wie viele deutsche Juden assimiliert und konservativ. Von dieser Seite her hat Roman also keine Vorausstetzungen sich politisch zu engagieren. Besonders sein Vater, sträubt sich gegen seine (wachsende) politische Betätigung. Die Beziehung und der Einfluss seines Onkels mütterlicherseits, Alexander, ein alter Bolschewik, Kampfgefährte Lenins in der Verbannung und nach der Revolution Mitglied des ZK, bringt Roman dazu, sich mit politischen Problemen zu beschäftigen:

„Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum
es Arme und Reiche gibt.“

Roman tritt nicht aus Überzeugung, sondern als linksliberaler Bourgeois dem Kommunistischen Jugendverband (KJVD) in der Unterbezirksleitung
(UBL) Charlottenburg bei.

„Von Tuten und Blasen, d.h. vom Marxismus, hatte ich natürlich keine Ahnung. Ich hatte nichts gelesen. Das erste Buch, das ich gelesen habe, war Barbusse ‚Das Feuer’. Das hat auf mich einen ungeheuren Eindruck gemacht. Wir hatten eine sehr gute Jugendzelle in Charlottenburg. Na ja. Ich bin da gewesen, weil mir die Leute gefallen haben, und weil da ein Mädchen war, mit dem ich ein bisschen poussiert habe.“

Politische Arbeit im KJVD

Kurz nach seinem Eintritt werden ihm kleinere Aufgaben anvertraut. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten beginnt 1933 die illegale Arbeit. 

„Da haben wir Zellenversammlung gemacht. Der politische Leiter sagte: ‚Jetzt wird es ernst. Wir müssen in die Illegalität. Wer Angst hat und nicht mitmachen will, da ist die Tür. Wir halten niemanden. Es wird gefährlich.’ Na ja, wie gefährlich das wird, konnte ich mir auch nicht vorstellen. Aber auf der anderen Seite wollte ich auch nicht als Feigling dasitzen, bin also geblieben und nicht rausgegangen.“

Aktionen in der deutschen Illegalität

„Wir machten einige Aktionen. […] Wir verteilten Flugblätter. Die Druckerzeugnisse wurden von Radfahrern in der Berliner Straße abgeschmissen. Auch vom KaDeWe ließen wir mit der ‚Weddinger Wippe’ Flugblätter runterflattern.“ 

Für Roman beginnt die richtige Illegalität jedoch erst als er als Verbindungsmann zwischen der UBL des KJVD und der UBL der KPD eingesetzt wird:

„[…] Sie haben mich damals benötigt, weil ich wenig bekannt war, sehr bürgerlich, gut angezogen, und mich am Ku`damm bewegen konnte, ohne aufzufallen. […] Ich wurde hin- und hergeschickt, Treffen ausmachen, Briefe oder Botschaften überbringen.“

Mit dem Hinweis darauf, dass er politisch engagiert und Jude sei und außerdem gesucht werde, wird ihm nahe gelegt zu flüchten.

  1. B.V. VdN e.V. / Verein für angewandte Konfliktforschung e.V.: „Im Widerstand gegen das NS-Regime. Gespräche aus den Jahren 1997/ 1998. Gesamtes Interview mit Roman Rubinstein“, Berlin 1998, S. 1.
  2. ebd.
  3. ebd.
  4. ebd.
  5. ebd., S.2.

Otto Wiesner

Der Sohn eines Bergarbeiters erlernte nach dem Besuch der Volksschule den Beruf des Schriftsetzers. 1926 wurde er Mitglied des KJVD und 1928 der Kommunistischen Partei Deutschlands. Wiesner wurde wegen seiner Mitgliedschaft und Aktivitäten in der KPD im September 1934 von der Gestapo verhaftet. 1936 wurde er wegen Hochverrats zu sieben Jahren Gefängnis und zu acht Jahren Ehrverlust verurteilt. Otto Wiesner wurde in das Konzentrationslager Sachsenhausen und später in das Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich verschleppt. Erst 1945 wurde er bei dem Einmarsch der US-Armee befreit.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges engagierte er sich beim Neuaufbau einer neuen politischen Ordnung in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone. Er ging nach Berlin, meldete sich beim ZK der KPD in der Wallstraße und wurde nach Potsdam geschickt, wo er zu den Gründern antifaschistischer bzw. sozialistischer Jugendausschüsse im Land Brandenburg gehörte. Seit ihrer Konstituierung am 10. September 1945 war er auch Mitglied des Zentralen Antifaschistischen Jugendausschusses, dessen Leiter Erich Honeckerwar.[1] Wiesner war Mitglied der KPD-Bezirksleitung und Jugendsekretär der KPD-Bezirksleitung Brandenburg und von 1946 bis 1950 Abgeordneter des ersten brandenburgischen Landtages nach dem Krieg. 1946 wurde er Mitglied der SED und war von 1946 bis 1948 Landesvorsitzender der FDJ in Brandenburg. Gleichzeitig war er bis 1949 Mitglied des Zentralrats der FDJ. Anschließend war er als Mitarbeiter im ZK der SED tätig. Von 1955 bis 1960 leitete er die Gedenkstätte für das Potsdamer Abkommen.

Seit 1960 war er als freier Schriftsteller tätig und kämpfte gegen nationalsozialistisches Denken. Er hielt an seiner kommunistischen Überzeugung fest.

Am 9. November 2005 wurde er mit einem Ehreneintrag ins Goldene Buch Potsdams geehrt.